Literatur von der Shoah bis 1991
Martin Quetsche: In Traum, Ghetto, Lager. Der Schriftsteller Zvi Eisenman.
Vortrag und Seminar am 19. November 2022
Der jiddische Erzähler Zvi Eisenman (1920-2015) bekam 1980 den Itsik-Manger-Preis, die höchste Auszeichnung für jiddische Literatur - und blieb doch bis heute vielen unbekannt. 1920 in Polen geboren, überlebte er Krieg und Naziterror in der Sowjetunion. 1948 ging er nach Israel und begann zu schreiben. Seine Kurzgeschichten füllen acht Bände; es gibt Übersetzungen ins Neuhebräische, Englische und Polnische.
Eisenmans Stil ist klar, nüchtern, bisweilen hart. Mit nur einem Satz taucht er in die Mitte seiner Erzählungen hinein - und überläßt seine Leser oft ebenso unvermittelt wieder sich selbst. Er erzählt aus der Perspektive eines kleinen Jungen oder einer alten Frau; die Perspektive kann mitten in der Geschichte wechseln oder so unklar bleiben, daß man nicht einmal das Geschlecht des "Ich" bestimmen kann. Eine realistische Schilderung gleitet überraschend ins Phantastische, ein Märchen bekommt plötzlich eine Wendung ins Konkrete. Selbst lyrische Passagen kommen vor, die sich unvermutet gegen Tod und Grauen stellen. Die psychologische Erzählweise erinnert an Bergelson, das Groteske an Kafka, das Phantastische an Hofmannsthal - aber Eisenman schreibt unverkennbar modern.
Martin Quetsche, Sänger jiddischer Lieder und VHS-Dozent für jiddische Literatur, wird einen Überblick über Eisenmans Schaffen vermitteln und anhand dreier Kurzgeschichten vertiefen. Zum Ende des Vortrags folgt eine Vertonung einer dieser Kurzgeschichten, die Martin Quetsche selbst angefertigt hat.
Prof. Gennady Estraikh: di literarishe un ideologishe program von Sovetish Heymland
Vortrag am 22. Mai 2013
Sovetish Heymland, die erste nach den schweren Verfolgungen unter Stalin in der „Tauwetterperiode“ monatlich in Moskau erscheinende, jiddische Zeitung, existierte von 1961 bis 1991. Mit ihrem Namen knüpfte sie an die Tradition der vor der stalinistischen Repression erscheinenden jiddischen Zeitschriften Sovetish (1934-1941) und Heymland (1947-48) an. Sie kam zunächst in einer Auflage von nirgends sonst erreichten 25.000 heraus, die aber schon ab 1966 beträchtlich absank bis auf 5.000 im Jahre 1985. Vielen zeitgenössischen Autoren und Kritikern bot Sovetish Heymland die Möglichkeit, zu schreiben und gelesen zu werden und einen zum Teil bis heute dauernden Ruf in der jiddischen literarischen Welt zu begründen. Gennady Estraikh wird die literarische und politische Ausrichtung und die Geschichte von Sovetish Heymland eingehend beleuchten: welche Ziele innerhalb und außerhalb der UDSSR man bei seiner Gründung anvisierte; welche Funktion es während der Periode des kalten Krieges ausübte; welche Standpunkte Chefredakteur Aron Vergelis bezüglich literarischer und politischer Inhalte vertrat, was der literarische Schwerpunkt der Zeitschrift war und wie sie sich während der Perestroika veränderte.
Gennady Estraikh wurde 1952 in Zaporozhe in der Ukraine geboren und lebte von 1976-1991 in Moskau. Ab 1979 verstand er sich als Regimegegner. Während der Perestroika wurde er Herausgeber von "Sovetish Heymland" von 1988 bis 1991. 1989/90 veröffentlichte er in 2 Auflagen "Kurtser yidish-rusisher verterbukh". 1991 übersiedelte Estraikh nach Oxford. Von 1995-2002 arbeitete er am Oxford Institute for Yiddish Studies und gab dessen Journal "Di pen" heraus. Er hielt ebenfalls Vorlesungen an der London School of Oriental and African Studies. Seit 2003 ist Gennady Estraikh Professor für jiddische Studien in an der New York University. Er hat etliche Monografien veröffentlicht und Sammelbände [mit-] herausgegeben.
Janina Wurbs: Birobidzhan - eine Heimstätte für Jiddisch?
Vortrag vom 17. Juni 2012
Christina Pareigis: Gebirtig und Katzenelson
Vortrag vom 10. Mai 2009
Gillel Melamed: Mangers Texte aus Czernowitz
Lesung am 1. Juni 2008
Dr. Joseph Sherman (Oxford): Isaac Bashevis Singer und die jiddische literarische Tradition
Kolloquium am 9. Dezember 2004
Hugh Denman (London): Isaac Bashevis Singer und die Moderne
Kolloquium am 16. November 2004
Dr. Heather Valencia (Edinburgh): Sibirien, Wilna, Erez-Israel - der Lebensweg des Dichters Abraham Sutzkever
Vortrag am 30. April 2003 Sibirien, Wilna, Erez-Israel
Lev Berinski: Itzik Manger
Vortrag am 18. November 2001
Christina Pareigis: Nacht für Nacht kommen Schatten in mein Haus. Räume der Erinnerung. Jiddische Lyrik im Angesicht der Shoah (Molodovsky, Katzenelson, Sutzkever)
Vortrag am 9. Mai 2001
Prof. Gennady Estraikh: yidishe shrayber funem nokh-milkhomedikn dor
Vortrag am 15. Oktober 2000
Cornelia Baulsom-Löwy: Paradoxe Elemente im Werk von Isaac Bashevis Singer
Vortrag am 24. Juni 1998
Prof. Gennady Estraikh: yidish-literatur in ratnfarband fun 1917 bis 1991
Workshop am 14. Juni 1998